Oder: Der Herbst des Lebens
Herbstbeginn! Die Blätter werden welk und runzelig. Pflanzen werden dürr.
Die Natur scheint diesen Umstand mit einer Explosion von Farben wett machen zu wollen. Ein Aufbäumen, sich wehren gegen den sichtbaren Verfall. Verschwenderisch bunt, ja fast schon prahlerisch scheint es, sich gegenseitig übertrumpfen wollend. Als hätte die Natur bislang was verpasst und will es jetzt mit einem Feuerwerk nachholen.
Ja, ist denn die Natur in der Midlife Crisis!?
Natürlich ist es nur eine Metapher, aber der Vergleich bietet sich an. Auch der Zeitpunkt passt ganz gut – die Jahres (Lebens-)mitte ist schon überschritten. Es wurde viel gelebt und erlebt. Dürren, Verluste, Katastrophen, aber auch neues Leben, Wachstum und Ernte waren dabei.
Wenn es in den Herbst unseres Lebens geht, blicken wir oft zurück und manchmal ist auch Wehmut dabei. Das Gefühl etwas verpasst, etwas nicht erlebt, nicht getan zu haben. Versäumt, aus und vorbei, das war‘s.
Die Bäume, ohne Blätter, lassen mehr Licht und Wärme auf den Boden fallen. Da die Sonne nicht mehr so viel Kraft hat wie im Sommer, macht das einfach Sinn und ist gut so.
So können wir uns die Fragen stellen:
- Was hat sich in meinem Leben gewandelt?!
- Was für einen Sinn macht es Jetzt?!
- Was ist anders als früher und gut wie es Jetzt ist?!
Und, wir sollten daran denken: Der Herbst ist auch die Zeit der Ernte, die Früchte des Lebens einzusammeln!
Es ist Zeit zu sehen, was alles gewachsen ist – in uns und um uns. Es ist Zeit zu erkennen was reif geworden ist und was noch reifen darf.
Es ist auch Zeit zu anzuerkennen, was wir verpasst haben, was wir nicht mehr pflanzen oder ernten können.
Dann wollen wir das nicht hinnehmen. Bäumen uns auf. Wollen nachholen, machen verrückte Sachen, ja, lassen es noch mal so richtig krachen…
Und manchmal treiben wir es zu bunt und jemand wird dabei verletzt. Doch das haben wir nie gewollt. Wir wollten doch nur das Gefühl von Freiheit genießen, uns treiben lassen, wie die bunten Blätter im Herbstwind.
Das ist ein wunderbares Gefühl!
Doch manchmal verbläst uns der Wind an einen Ort, wo wir die Liebe aus den Augen verlieren. Und aus dem Wind wird ein Sturm, der uns ins Gesicht peitscht. Dann kann es passieren, dass wir uns und/oder anderen weh tun. Manchmal werden wir sogar entwurzelt, von dem Sturm.
Dann scheint es kein Zurück mehr zu geben und dichte Nebelfelder hüllen uns ein. Wir vergessen, dass es hinter diesen grauen Wolken eine helle, warme Sonne gibt!
Finden wir zurück durch den Nebel, erwartet uns die klare Herbstsonne. In ihrem freundlichen Licht, können wir vielleicht erkennen, dass die Welt nicht untergeht, nichts ist „vorbei“.
Die Welt – unsere Welt hat sich nur verwandelt.
Ja, diese Erkenntnisse sind vielleicht ein bisschen schmerzvoll und das ist O.K.! Wir haben in unserem Leben zig Entscheidungen getroffen, sind Wege gegangen – und andere nicht. Es hat keinen Sinn sich im Bedauern über verpasste Chancen zu verlieren. Machen wir uns bewusst welche Chancen wir genutzt haben! Erinnern wir uns an das, was wir erlebt haben – auch an das was wir überlebt haben!
Seien wir stolz auf uns und genießen jetzt die Früchte unseres Schaffens. Freuen wir uns über die Vielfalt und Buntheit – in uns und um uns.
Wir können und fragen:
- Was ist in mir gewachsen?!
- Was oder wen habe ich zu Wachstum verholfen?!
- Welche „Früchte“ habe ist schon geerntet bzw. kann ich noch ernten?!
Vielleicht gelingt es uns, die Midlife Krise zu unserer Midlife Brise zu machen. Vom lauen Lüftchen bis zum Sturm der Liebe ist für alle was dabei.
Damit wir, statt uns treiben zu lassen, hart am Wind segeln, voll Lust am Leben, statt mit Lebensfrust. Damit wir unsere Farbenpracht erkennen, und ernten was wir haben.